
Die Weltbevölkerung wächst. Und mit ihr wachsen die Städte. Im Jahr 2015 wird die Welt voraussichtlich rund 7,3 Milliarden Einwohner haben. Damit hat sich die Erdbevölkerung seit 1950 von 2,3 Milliarden Menschen fast verdreifacht. Und das Wachstum ist noch nicht zu Ende, wenn auch mit fortschreitendem Prognosezeitraum die Unsicherheit wächst. Bis zum Jahr 2025 soll die Weltbevölkerung auf voraussichtlich 8,17 Milliarden Menschen wachsen. Bis 2100 sollen laut mittlerer Projektion der Vereinten Nationen 12,3 Milliarden Menschen auf der Erde leben.
Ebenfalls erwartet wird eine fortschreitende Zunahme der weltweiten Verstädterung für die kommenden Jahrzehnte. 90 % des weltweiten Bevölkerungswachstums soll in Städten geschehen.
Im Jahr 2007 lebten erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Der Anteil der Stadtbevölkerung soll bis zum Jahr 2030 voraussichtlich auf über 60 % steigen und im Jahr 2050 rund 70 % erreichen. Im Jahr 1950 lag er noch bei 30 %. In absoluten Zahlen bedeutet dies eine Verdopplung der Stadtbevölkerung zwischen 2005 und 2050 von gut drei auf gut sechs Milliarden Menschen!
In Ländern mit starken Migrationstendenzen und / oder starkem Bevölkerungswachstum entwickeln sich derzeit Städte mit einer Einwohnerzahl in zweistelliger Millionenhöhe. Eine Steuerung und Planung des Zuzugs ist oftmals nicht möglich, Fläche wird zum knappen und vergleichsweise teuren Gut. Flächeneffiziente Verkehrsmittel mit einer hohen Massenleistungsfähigkeit stehen daher im Fokus. Insbesondere spurgebundene Verkehrsarten wie S-Bahn- und Metrosysteme bieten bei kurzen Zugfolgezeiten eine hohe Beförderungskapazität und werden die Hauptlast der innerstädtischen Verkehrsnachfrage absorbieren.
Die fortschreitende Urbanisierung – auch in kleinerem Maßstab – fördert des Weiteren die Einführung von kleinen, leichten und wendigen Kleinstfahrzeugen. Diese können neben ein- oder zweisitzigen Pkw auch Elektroroller und Pedelecs sein. Neben der verkehrlichen Leistungsfähigkeit spielt auch die Stadtverträglichkeit eine größer werdende Rolle. Daher bietet sich insbesondere die Etablierung kleiner und leichter batterieelektrischer Elektrofahrzeuge an.
Eine Schlüsselkomponente in Städten jeglicher Größe ist die Verkehrsvermeidung. Durch eine gleichmäßige Verteilung von Funktionen und Einrichtungen jeglicher Art (Wohnungen, Arbeitsplätze, Geschäfte, Bäckereien, Apotheken, Schulen, etc.) über das gesamte Stadtgebiet können die Wege des täglichen Lebens kurz gehalten und somit der Bedarf an Fahrten mit motorisierten Verkehrsmitteln verringert werden.
Laut Kent Larson, MIT-Direktor der Projektgruppe „Changing Places“ am MIT Media Lab und Leiter der Initiative „Living Labs“ am Institut für Architektur und Planung des MIT, lässt sich eine derartige gleichmäßige Struktur beispielsweise in London und Paris sowie vielen Städten des Mittelalters beobachten.
Pariser Stadtstruktur im Mittelalter – Grafik: Kent Larson
Eine Stadtstruktur, welche die „20-Minuten-Regel“ befolgt, soll es den Menschen ermöglichen, in maximal 20 Minuten von jeder beliebigen Wohnung aus jene Orte zu erreichen, an denen sie alle Dinge des täglichen Bedarfs erhalten. In den einzelnen Nachb*pfui*aftszellen und Stadtvierteln sollen je Topografie und Bevölkerungsdichte 20.000 bis 50.000 Einwohner leben.
Die fußläufige „Mikrostadt“ auf Stadtteilebene – Grafik: Kent Larson
Die einzelnen Zellen werden zu einer Art MESH-Netzwerk verknüpft und über leistungsfähige ÖPNV-Verbindungen miteinander verbunden. Der ÖPNV wird von einer Vielzahl flächeneffizienter Sharing-Systeme wie Bikesharing und Carsharing ergänzt.
MESH-System aus fußläufigen „Mikrostädten“ auf Stadtteilebene, die mittels ÖPNV und geteilten Verkehrsmitteln untereinander verbunden sind – Grafik: Kent Larson
Vor seiner Tätigkeit am MIT war Kent Larson zuvor 15 Jahre lang als Architekt in New York City tätig. Er publizierte Artikel in der New York Times und in den Architekturmagazinen Architectural Record, Progressive Architecture, Global Architecture, A+U und Architectural Digest. Sein Buch „Louis I. Kahn: Unbuilt Masterworks“ wurde im Jahr 2000 von der Buchkritik der New York Times zu einem der zehn besten Architekturbücher gewählt.
In einem TEDx-Talk gab er im Jahr 2012 einen kurzen Einblick in die Geschichte der Stadt, die Folgen der funktionalen Trennung sowie aktuelle Entwicklungen und Trends angereichert mit Ideen und Konzepten / Prototypen des MIT Media Labs.
Ein Projekt war das bereits in diesem Blog vorgestellte Konzept eines faltbaren Elektroautos. Das CityCar-Projekt fand seine kommerzielle Anwendung im Hiriko Fold. Aus unterschiedlichen Gründen scheiterte das spanische Konsortium jedoch an der Aufnahme einer geregelten Fahrzeugproduktion. Ein Geflecht aus undurchsichtigen Verträgen und sechs Geschäftsmännern, die Subunternehmen ohne Mitarbeiter Aufträge zuspielten oder das Unternehmen zu marktunüblich hohen Mieten in eigenen Geschäftsräumen einquartierten, trugen beispielsweise zum Scheitern bei.
Die ganzheitliche Betrachtungsweise und die zahlreichen weiteren Projekte dürften trotz des Rückschlags jedoch nicht das endgültige Ende des CityCar-Projekts und des faltbaren Elektrofahrzeugs bedeuten.
Kent Larson, Ryan Chin, Caleb Harper und Ira Winder gaben am 02.10.2014 in einem weiteren TEDx-Talk einen Einblick in den aktuellen Stand der einzelnen Projekte und in das neue CityFarm-Projekt.
In einer Keynote auf dem Smart City Expo World Congress 2013 in Barcelona hat Kent Larson nochmals seine Ideen und Konzepte detaillierter und ausführlicher vorgestellt. Es mag zwar zu Beginn zu einigen Wiederholungen kommen, jedoch sind auch bereits diese mit weiteren Beispielen und Städten angereichert.
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