Lauren Singer verlebt einen ganz gewöhnlichen Alltag, sie steht morgens auf und trinkt ihren Kaffee, geht mit ihren Freundinnen in die Bar und versucht, im Großstadtdschungel ihre kreativen Ideen zu verwirklichen. Doch der Unterschied zu Nancy und Jenny von nebenan ist: Seit zwei Jahren produziert sie dabei keinen Müll mehr. Jetzt mögt ihr vielleicht denken, „das geht ja gar nicht“ oder „naja, das ist halt so eine moderne Joan Baez in weiten Röcken und mit unangenehmem Missionarsgebaren.“ Beide Reaktionen zeigen, wie verkorst ​unsere heutige Welt doch irgendwie geworden ist.

Vor einigen Jahren belegte Lauren Singer das Fach Umweltstudien an der New York University, während sie in ihrer Freizeit gegen Ölkonzerne demonstrierte. Schnell stellte sie jedoch fest, dass ihr ökologisches Interesse weit über das Politische hinausgeht und begann Schritt für Schritt, ihre Gewohnheiten zu ändern. Seitdem achtet sie peinlich genau darauf jeglichen Abfall zu vermeiden.Doch „der Weg dahin, überhaupt keinen Müll mehr zu produzieren, endet nie“, erklärt Lauren auf ihrer Webseite ​Trash is for Tossers.

Dort hat sie auch eine Liste von Läden zusammengestellt, in denen Käufer die Nahrungsmittel aus Gläsern und sogenannten Bulk Bins entnehmen und in mitgebrachte Behälter füllen können. Auch Wochenmärkte sind ideale Orte zum Einkaufen unverpackter Lebensmittel.

Olivenöl zum selbst Abfüllen. Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Lauren Singer

„Zuerst habe ich mir angesehen, wobei in meinem Leben überall Abfall entsteht“, schreibt Lauren. Der wichtigste Grundgedanke dazu beruht auf einer freien Interpretation der unendlichen Weisheit von Jedimeister Yoda: „Wieviel und was benötigst du wirklich, um glücklich zu sein? Ist es wichtig, dass du bestimmte Dinge besitzt und dich an sie klammerst? Brauchst du wirklich die riesige Schaumstoffhand in der hinteren Ecke deines Kleiderschranks, um dich gut zu fühlen?“

Laurens Müll aus einem Monat.

Nach vier Monaten.

„Ich begann all die Situationen vorauszusehen, in denen ich Müll produzieren würde. Und dann sagte ich einfach „Nein“ zu Strohhalmen in der Cocktailbar, zu Plastiktüten und Kassenzetteln in den Geschäften“, erzählte Lauren in einem Interview mit Collective Evolution. Doch auch Laura brauchte ein ganzes Jahr, um ihren Alltag vom Abfall zu befreien. Ihr Leben mit ihren Werten in Einklang zu bringen, stellte sich als ziemlich große Herausforderung dar.

Der bewusste Umgang mit dem eigenen Konsum treibt nicht nur passionierte Bäumeumarmer oder Prenzlauer Berg-Muttis um, sondern betrifft letztlich uns alle. Das zeigt in Deutschland nicht zuletzt auch der große Erfolg der ​ToxFox-App, die hormonell wirksame Inhaltsstoffe in Kosmetika anzeigt, die du vielleicht besser meiden solltest. Während sie ihre angehäuften Jeans aus High School-Zeiten aussortierte, begann Lauren, die richtigen Fragen zu stellen. Zum Beispiel: Seit wann versetzen wir unsere Produkte mit so vielen Chemikalien? Und: Muss das eigentlich sein?

Eine kleine Auswahl von Alternativen für einen abfallfreien Alltag hat Lauren auch in einer eigenen Graphik nebeneinander gestellt:

Die besseren Alternativen.

Doch Lauren Singer ging bei ihrer persönlichen Suche nach Antworten nicht nur mit der Scanner-App in die Drogerie, sondern fing gleich bei sich zu Hause an und produzierte so viel wie möglich von ihrem Bedarf selbst. Ein Ansatz, den auch schon der in Berlin lebende Sam Muirhead bei seinem Projekt ​Year of Open Source ausprobierte und dabei einige seiner umfangreichen Alltagsalternativen in seinem Blog notierte.

Lauren belässt es auch nicht dabei, ihre Ideale auf ihren eigenen Alltag anzuwenden. Mit einem eigenen Start-up will sie nun auf die besonders vielen Zusatzstoffe aufmerksam machen, die sich in Waschmitteln befinden, obwohl sie teilweise nie auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung getestet wurden. Dank einer ersten Anschubfinanzierung will sie ihr eigenes, aus lediglich drei Zutaten bestehendes Waschmittel, auf dem Markt bringen und somit jedem den ersten Schritt auf dem Weg zu einem ökologisch wertvollen Leben ermöglichen. Zur Finanzierung ihres Unternehmens ​The Simply Co rief sie einen ​Kickstarter ins Leben, welcher bereits nach 48 Stunden die angepeilte Summe von 10.000 Dollar gesammelt hatte. Laura erweiterte daraufhin ihr Projekt und erhöhte die Summe auf 20.000 Dollar.

In ihrem Kickstarter-Video, das mit der umarmenden Botschaft „I love you“ beginnt, schwebt Lauren zwar ein wenig wie eine Disney-Elfe durch das Filmchen, doch die leicht naiv anmutende Präsentation hat eine fundierte Basis. Außerdem gefällt mir der Larry David-mäßige Witz der jungen Frau.

In drei Tagen endet das schon heute übererfüllte Crowdfunding und es lohnt sich sicherlich, das Projekt auch weiterhin im Auge zu behalten. Lauren kündigte für ihr Start-up The Simply Co bereits ihren Job als Nachhaltigkeits-Managerin beim New Yorker Department of Environmental Protection, um nun mehr Zeit zu haben, ihre Erkenntnisse aus den zwei Jahren ohne Müll weiterzugeben.

Auch wenn ein Großteil der Bevölkerung noch die Vorteile von Plastiktüten für Äpfel und Karotten und die einzigartigen Hygieneeigenschaften von Frischhaltefolie preist, wächst gleichzeitig die Sensibilität für unseren ​Abfallwahn: Boyan Slat konnte die nächste Stufe seines Projektes ​The Ocean Clean Up zur Säuberung der Meere erfolgreich finanzieren und in Berlin lockt der ​erste deutsche Supermarkt ohne Verpackungen zahlreiche Kunden und Neugierige an.

28.11.2014 | 2656 Aufrufe

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