Fernfühlen für Blinde

Der gute alte Blindenstock bekommt Verstärkung: Das Armband Ustraap soll Blinden auch außerhalb ihrer Reichweite beim Ertasten der Umwelt helfen. Reiner Wandler

Erfunden haben dieses Gerät drei erst 24 Jahre junge Mexikaner aus Guadalajara in Mexiko, zwei Robotik-Ingenieure und eine Betriebswirtin. Marco Trujillo und Cuauhtli Padillo experimentierten an der Technischen Hochschule Monterrey mit einem Ultraschallsensor, der ähnlich wie die Einparkhilfen den Abstand zu Objekten misst. "Wir erkannten, dass er für Menschen mit schweren Sehbehinderungen eine Hilfe sein könnte", sagt Trujillo.

Zuerst wollten sie die Impulse in Töne umsetzen. Doch aus Sorge, dass sie das Gehör mit zu vielen Informationen überfrachten könnten, entschieden sie sich für das vibrierende Armband. Darauf sitzt der mikrofonartige Sensor. Durch Hin- und Herdrehen seines Handgelenks tastet der Träger die Umgebung ab. Der Sensor hat eine Reichweite von vier Metern und kann bis zu zwei Zentimeter kleine Objekte erkennen. Er erfasst alles ab Kniehöhe aufwärts, etwa Mülleimer an Laternenpfählen oder Geländer. Damit ist er eine Ergänzung zum Stock, der vor allem für bodennahe Hindernisse geeignet ist.

Ähnliche Geräte gibt es zwar schon, etwa den Virtual Cane von Amir Amedi an der Hebrew University in Israel. Das Ustraap ist jedoch kleiner und handlicher. Zudem können Blinde mit ihm auch verlegte Gegenstände wie den Schlüsselbund finden. Dazu müssen sie Tags an ihnen befestigen. Auf Knopfdruck funkt Ustraap sie an, sie melden sich per Piepsen.

2010 begann Trujillos Gruppe in einer Schule für blinde Kinder mit ersten Prototypen zu experimentieren. Bei einem Schulfest bauten sie im Hof ein Labyrinth auf. Zum Erstaunen der Eltern bewegten sich ihre Zöglinge nach einer kurzen Einweisung schneller und sicherer hindurch als nur mit dem Blindenstock. "Ein Kind begann gar zu rennen", berichtet Trujillo. Nach der Vorführung hätten viele Eltern wissen wollen, wo es das Armband zu kaufen gibt.

Seit Kurzem ist Ustraap, das in Mexiko hergestellt wird, für 349 Dollar vorbestellbar. Im ersten Halbjahr 2015 wird es in den USA ausgeliefert. Für Mexiko wollen die Entwickler Zuschüsse beantragen, um den Preis senken zu können.(Reiner Wandler) / (bsc)

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