Spielzeuge lernen sprechen: Der japanische Spielzeughersteller Tomy verbindet dazu einen schafsähnlichen Bonsairoboter mit künstlicher Intelligenz vom Mobilnetzkonzern NTT Docomo.

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus – und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends.

Wer sagt, das Roboter smart sein müssen? Ein teures Rechnerhirn, eine Heerschar von Sensoren und motorisierte Extremitäten mit sich herum tragen müssen, um attraktiv für den Massenmarkt zu sein? Der japanische Spielzeughersteller TakaraTomy geht einen anderen Weg, um seinem Wesen kostengünstig die Gnade der Sprache zu verleihen: Als erstes Unternehmen verbindet es einen mit LED-Augen, Mikrofon und Lautsprecher aufgerüsteten Plastikball durch Bluetooth über das Smartphone mit einer neuen Dialogplattform für natürliche Sprache des japanischen Mobilnetzriesen NTT Docomo.

OHaNAS nennen die Japaner ihr Wesen, oder ausgeschrieben Organized Human interface and Network Artificial intelligence System. Dieses verschrobene verbale Ungetüm wurde gewählt, weil die Abkürzung so ähnlich klingt wie das Japanische ohanashi (Gespräch). Denn Menschen sollen mit dem Gerät ganz normale Dialoge führen können – für brutto "nur" 140 Euro (unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers plus Steuer).

Was koche ich denn mal?, fragt sich die Hausfrau. Und das Schaf gibt einen Rat. Oder sie erkundigt sich vor dem Wäsche waschen nach dem Wetter und verschiebt den Waschgang dann doch lieber auf morgen. Denn der "Roboter" sagt Regen voraus. Daher kann die Hausfrau ihre Wäsche nicht draußen zum Trockenen aufhängen.

Oder: Der Papa horcht seinen Sohn aus, was man denn so am Wochenende tun könne. Doch während dem Spross nichts einfällt, wirft das Miniwesen zuverlässig aus dem Internet gefischte Vorschläge in die Runde. Mit der Zeit sollen die Ideen immer besser werden. Schließlich "merkt" sich das System die Vorlieben und Hobbies der Familienmitglieder.

Wie gut die Idee für die Kommunikation der Zukunft in den Niederungen der heutigen Realität ankommt, ist noch gänzlich offen. Das jetzt vorgestellte Produkt wird erst im Oktober auf den Markt kommen. Aber eines steht fest: Das niedliche Spielzeug ist nur der Vorbote einer Heerschar von plappernden Geräten. Denn die Fortschritte in der Entwicklung künstlicher Intelligenz, Spracherkennung und schneller Datenverbindungen können plötzlich eine ganze Heerschar von bisher tumben Geräten in smarte Helferlein verwandeln.

NTT Docomo jedenfalls hofft darauf, dass sich seine Sprechmaschine im Internet of Things rasch als Schnittstelle zwischen Mensch und Gerätschaften etabliert. Als Anwendungsfelder fallen den Japanern auf Anhieb Autos und Haushaltsgeräte ein. Aber letztlich kann jedwedes Produkt durch den Einbau eines Mikrofons, eines Lautsprechers und einer Internetverbindung "aufgesmartet" werden.

Ich beäuge das Absatzpotenzial des sprechenden Plastikschafs zwar mit Skepsis. Denn warum sollte ich ein neues Gerät anschaffen, wenn ich mich eigentlich auch per Smartphone mit dem Server verbinden kann? Doch die Entwicklung der Spracherkennung scheint mir inzwischen ein so hohes Niveau erreicht zu haben, dass die Anwendung im Alltag langsam Sinn macht. Ob dieses Vorurteil stimmt, werde ich ausprobieren, sobald das Wesen auf den Markt kommt. Deutsche Interessenten muss ich allerdings enttäuschen: NTT Docomos Sprechmaschine beherrscht bisher nur Japanisch.

http://www.heise.de/tr/artikel/Post-aus-Japan-Per-Du-mit-dem-Plastikschaf-2684150.html

12.06.2015 | 3844 Aufrufe

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